Sprache auswählen
Die Justiz §75-95
Die Justiz §75-95
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 75: Das Gerichtsurteil ist die Verkündung des islamischen Rechtsspruches in zwingender Weise. Das Gericht regelt die Rechtsstreitigkeiten zwischen den Menschen, verbietet, was dem Recht der Gemeinschaft schadet, oder beseitigt vorfallende Streitigkeiten zwischen den Menschen und irgendeiner Person des Regierungsapparates, sei sie Regierender oder Beamter, Kalif oder jemand, der hierarchisch unter ihm steht.
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 76: Der Kalif bestimmt unter den erwachsenen, freien, muslimischen, geistig zurechnungsfähigen, rechtschaffenen und rechtsgelehrten Männern einen Obersten Richter (Qadi al-Qudat). Wird diesem vom Kalifen die Befugnis zur Ernennung und Absetzung des Mazalim-Richters (Richter für Staatsvergehen) erteilt, so muss er darüber hinaus auch ein Mudschtahid sein -Rechtsgelehrter, der in der Lage ist, neue Rechtssprüche aus den Quellen abzuleiten- . Der Oberste Richter hat die Vollmacht zur Ernennung der Richter, zu ihrer Disziplinierung und Absetzung im Rahmen der Verwaltungsgesetze. Die übrigen Gerichtsbeamten sind an den Leiter des Amtes gebunden, das mit der Verwaltung der Gerichte betraut ist.
Weiterlesen: Artikel 76: Ernennung und Befugnisse des Obersten Richter
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 77: Es gibt drei Arten von Richtern.
- Der erste ist der Qadi (Richter). Er entscheidet in den Rechtsstreitigkeiten, die sich zwischen den Menschen in den Rechtsbeziehungen (Muamalat / Muʿāmalāt)und im Strafrecht (Uqubat) ereignen.
- Der zweite ist der Muhtasib (Markt- und Sittenvogt). Er entscheidet in den Ordnungswidrigkeiten, die das Recht der Gemeinschaft beeinträchtigen.
- Der dritte ist der Qadi al-Mazalim,dessen Aufgabe in der Beseitigung eines zwischen den Menschen und dem Staat aufkommenden Streites besteht.
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 78: Derjenige, der mit dem Richteramt betraut wird, muss folgende Bedingungen erfüllen: Er muss ein Muslim sein, frei, erwachsen, geistig zurechnungsfähig, rechtschaffen, rechtsgelehrt, und er muss wissen, wie die Rechtssprüche (Ahkam) auf die jeweiligen Situationsfälle angewendet werden. Derjenige, der mit dem Richteramt der Mazalim beauftragt wird, muss darüber hinaus als Bedingung männlich und Mudschtahid sein.
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 79: Der Qadi,der Muhtasib und der Mazalim-Richter können mit einer allgemeinen Zuständigkeit für alle Rechtsfälle im gesamten Land betraut werden oder eine eingeschränkte Zuständigkeit für einen bestimmten Ort und bestimmte Rechtsfälle erhalten.
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 80: Das Gericht darf nur aus einem Richter bestehen, der die Befugnis zur Entscheidung und Urteilsfällung hat. Es darf noch einen oder mehrere andere Richter an seiner Seite geben, die aber keine Befugnis zur Urteilsfällung, sondern lediglich zur Beratung und Meinungsäußerung haben. Ihre Meinung ist jedoch für den entscheidungsbefugten Richter nicht bindend.
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 81: Der Qadi darf nur in einer Gerichtssitzung Urteile fällen; Beweise und Eide werden nur dort berücksichtigt.
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 82: Die Gerichte können nach Art der von ihnen untersuchten Rechtsfälle in mehrere Stufen eingeteilt werden. Es ist erlaubt, einige Richter nur mit einer bestimmten Art von Rechtsfällen zu betrauen, während darüber hinausgehende Fälle an andere Gerichte weitergeleitet werden.
Weiterlesen: Artikel 82: Einteilung der Gerichte nach Rechtsfällen
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 83: Es gibt keine Wiederaufnahme- oder Revisionsgerichte (höhere Instanzen). Die Gerichte stehen bezüglich ihrer Entscheidung in einer Rechtsfrage auf einer Stufe. Hat ein Richter ein Rechtsurteil gefällt, so ist es rechtskräftig gültig und kann keinesfalls durch das Urteil eines anderen Richters aufgehoben werden, es sei denn, der Richter hat nicht nach dem Islam gerichtet, einem definitiven Text aus Koran, Sunna bzw. Konsens der Prophetengefährten (Idschmaa as-Sahaba) widersprochen oder ein Urteil gefällt, das der tatsächlichen Realität entgegensteht.
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 84: Der Muhtasib ist der Richter, der sämtliche Rechtsfälle untersucht, bei denen es um Rechte der Allgemeinheit geht, wo es keinen Ankläger gibt. Bedingung ist allerdings, dass diese Rechtsfälle nicht Teil der Hudud - Wörtl.: „Grenzstrafen“, von Allah für gewisse Vergehen festgelegte Strafen.-oder der Dschinayat (Gewaltverbrechen) sind.
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 85: Der Muhtasib hat das Recht, ein Urteil in einer Ordnungswidrigkeit zu fällen, sobald er Kenntnis davon hat. Die Urteilsverkündung kann an jedem Ort erfolgen, ohne dass eine Gerichtssitzung notwendig wäre. Dem Muhtasib wird eine Anzahl von Polizisten unterstellt, um seine Befehle durchzuführen. Sein Urteil wird auf der Stelle umgesetzt.
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 86: Der Muhtasib hat das Recht, Personen, die die Bedingungen des Muhtasib erfüllen, als Stellvertreter für sich auszuwählen. Er verteilt sie auf die verschiedenen Gegenden, wobei diese Stellvertreter die Befugnis haben, das Amt des Muhtasib in der Region oder dem Ort auszuüben, mit dem sie betraut wurden, und zwar in den Rechtsfällen, für die sie die Befugnis haben.
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 87: Der Qadi al-Mazalim (Richter für Staatsvergehen, Mazalim-Richter) ist ein Richter, der zur Beseitigung jeder vom Staat ausgehenden Ungerechtigkeit ernannt wird, die irgendeiner unter der Staatsmacht lebenden Person widerfährt, und zwar unabhängig davon, ob sie zu den Staatsbürgern gehört oder nicht, und unabhängig davon, ob diese Ungerechtigkeit vom Kalifen, von einer anderen Regierungsperson oder von einem Beamten begangen wurde.
Weiterlesen: Artikel 87: Der Qadi al-Mazalim (Richter für Staatsvergehen)
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 88: Der Qadi al-Mazalim (Mazalim-Richters) wird vom Kalifen oder vom Obersten Richter ernannt. Zur Rechenschaft gezogen, diszipliniert oder abgesetzt wird er durch den Kalifen bzw. durch den Obersten Richter, wenn der Kalif ihm die entsprechende Befugnis dazu erteilt hat. Seine Absetzung ist allerdings nicht gestattet, während er mit der Untersuchung einer Ungerechtigkeitsbeschwerde gegen den Kalifen, den Vollmachtsassistenten (Mu’āwin at-Tafwīḍ)oder den Obersten Richter befasst ist. In solchen Fällen liegt die Absetzungsbefugnis beim Mazalim-Gericht (Gericht für Staatsvergehen).
Weiterlesen: Artikel 88: Ernennung und Disziplinarverfahren des Mazalim-Richters
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 89: Das Amt des Qadi al-Mazalim ist nicht auf eine Person oder eine bestimmte Anzahl von Personen begrenzt. Das Staatsoberhaupt ernennt vielmehr so viele Mazalim-Richter, wie es für die Klärung der Ungerechtigkeitsbeschwerden erforderlich ist, und zwar ungeachtet ihrer Anzahl. Bei der Ausübung der Rechtssprechung hat aber nur ein einziger Richter die Befugnis zur Urteilsfällung. Es ist zulässig, dass eine Anzahl von Mazalim-Richtern ihm während der Gerichtsverhandlung beisitzt; sie haben aber lediglich eine Bera-tungsfunktion. Der Qadi al-Mazalim ist nicht verpflichtet, ihre Meinung anzunehmen.
Weiterlesen: Artikel 89: Amt und Urteilsfällung des Mazalim-Richters
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 90: Das Mazalim-Gericht (Gericht für Staatsvergehen) hat das Recht zur Absetzung jeder Regierungsperson und jedes Beamten im Staat, wie es auch das Recht zur Absetzung des Kalifen hat, und zwar dann, wenn die Beseitigung des Vergehens seine Absetzung erfordert.
Weiterlesen: Artikel 90: Das Mazalim- Gericht setzt Regenten und Beamten ab
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 91: Das Mazalim-Gerichthat die Befugnis, jedes Staatsvergehen zu untersuchen, ob es mit Personen aus dem Staatsapparat in Verbindung steht, sich auf einen Verstoß des Kalifen gegen die islamischen Gesetze bezieht oder ob es die Auslegung eines der Gesetzestexte in der Verfassung, im Gesetzbuch oder den übrigen Gesetzen betrifft, die durch das Staatsoberhaupt adoptiert wurden, oder ob es sich auf eine Steuererhebung oder dergleichen bezieht.
Weiterlesen: Artikel 91: Das Mazalim-Gericht untersucht jedes Staatsvergehen
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 92: Eine Gerichtssitzung ist ebenso wenig Bedingung für das Mazalim-Gerichtwie die Vorladung des Angeklagten oder die Existenz eines Klägers. Das Mazalim-Gerichthat vielmehr das Recht zur Untersuchung eines Vergehens, auch wenn niemand diesbezüglich eine Beschwerde vorgebracht hat.
Weiterlesen: Artikel 92: Besonderheiten des Mazalim-Gerichtes
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 93: Jeder Mensch hat das Recht, sich in einer Rechtsstreitigkeit oder einem Verteidigungsverfahren von wem er will vertreten zu lassen, ob er Muslim oder Nichtmuslim ist, Mann oder Frau. Hierbei gibt es keinen Unterschied zwischen dem Vertreter und dem Mandanten. Es ist dem Vertreter gestattet, eine Entlohnung zu beanspruchen, und der Mandant hatdie Pflicht, ihm diese gemäß ihrer Übereinkunft zu bezahlen.
Weiterlesen: Artikel 93: Das Recht auf Vertretung bei Rechtsstreitigkeit oder Verteidigungsverfahren
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 94: Es ist einer Person, die Befugnisse zu einer bestimmten Tätigkeit besitzt, wie der Wasiy (Vormund, Treuhänder) und der Waliy (Vormund in familiärem Bunde), oder zu allgemeinen Tätigkeiten, wie der Kalif, der Regent und der Beamte, oder auch dem Mazalim-Richterund dem Muhtasib erlaubt, sich in einem Prozess oder einem Verteidigungsverfahren durch eine bevollmächtigte Person in seiner Befugnis vertreten zu lassen. Dies ist nur für die jeweilige Befugnis als Wasiy oder Waliy, als Staatsoberhaupt, Regent oder Beamter, als Mazalim-Richteroder Muhtasib möglich.Hierbei ist es unerheblich, ob diese Person Kläger oder Angeklagter ist.
Weiterlesen: Artikel 94: Die Bevollmächtigung in privaten und öffentlichen Angelegenheiten
- Details
- Kategorie: Justiz §75-95
Artikel 95: Verträge, Rechtsbeziehungen und Gerichtsurteile, die vor Entstehung des Kalifats vollzogen wurden und beendet sind, werden durch das Gericht des Kalifats nicht aufgehoben und nicht neu aufgerollt, bis auf folgende Ausnahmen:
- a) Die Angelegenheit hat einen fortbestehenden Effekt, der dem Islam widerspricht. In diesem Falle ist es verpflichtend, sie neu aufzurollen.
- b) Die Angelegenheit betrifft eine durch die früheren Herrscher und ihre Gefolgschaft begangene Verletzung des Islam und der Muslime. In diesem Fall ist es dem Kalifen erlaubt, sie neu aufzurollen.
- c) Die Angelegenheit betrifft veruntreutes Eigentum, welches noch in den Händen des Veruntreuers befindet.
Weiterlesen: Artikel 95: Vertäge und Justiz vor der Entstehung des Kalifats